Der Ruhestand stellt eine große Umstellung dar, insbesondere für diejenigen, deren Beruf bisher einen zentralen Teil ihrer Identität ausmachte. Dieser Artikel erklärt die Gründe warum und gibt wichtige Tipps, um diese Übergangsphase besser zu bewältigen:

  • Vorbereitung und Planung: Frühzeitige Überlegungen zu Wohnort und Lebensgestaltung, Erstellung einer Bucketlist.
  • Neue Herausforderungen suchen: Ehrenamtliche Tätigkeiten oder Lehraufträge als Ersatz für berufliche Verantwortung.
  • Unterstützung durch Umfeld: Wichtig für den Aufbau neuer Alltagsstrukturen und emotionale Stabilität.
  • Professionelle Hilfe: Bei anhaltenden Problemen, wie kognitive Verhaltenstherapie, empfohlen.

Viele erwarten die Rentenzeit mit Sehnsucht. Für Führungskräfte, karrierebewusste Menschen und auch Selbstständige, die über Jahre mit viel Energie ein eigenes Geschäft aufgebaut haben, kann sich der Ruhestand auch als Belastungsprobe entpuppen.

„Menschen, die viel Zeit auf der Arbeit verbringen und deren Beruf ein Teil ihrer Identität ist, fühlen sich ohne ihn plötzlich wertlos. Sie verlieren im Alltag die Struktur und empfinden eine große emotionale Leere, woraus Frust, Einsamkeit und sogar Depressionen entstehen können. Experten sprechen hierbei vom sogenannten Empty-Desk-Syndrom“, weiß Dr. med. Steffen Häfner.

Der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos, erklärt, welche Strategien den Einstieg in den Ruhestand erleichtern. „Betroffene sollten überlegen, wie sie die Zeit nach dem Berufsleben gestalten möchten. Dies geschieht bestenfalls so früh wie möglich, also noch während des Berufslebens, damit ausreichend Zeit für die Planung bleibt. Sie sollten beispielsweise darüber nachdenken, wo sie leben und was sie erleben möchten. Viele Menschen bleiben gerne in ihrer gewohnten Umgebung, doch für andere kann ein Ortswechsel durchaus erfüllend sein.“

Sinnvoll sei auch, eine Bucketlist für den Ruhestand zu erstellen. Klare Ziele geben dem Alltag einen roten Faden und etwas, auf das es sich lohnt hinzuarbeiten. Was auf der Liste landet, ist natürlich ganz individuell und sie kann jederzeit erweitert werden. Von der Renovierung des Wohnzimmers bis zur lang erträumten Reise ist alles möglich, meint Dr. Häfner. Allerdings sollte es realisierbar bleiben, denn nicht erfüllbare Vorstellungen wirken eher frustrierend als hilfreich.

Ersatz finden für die spannenden Seiten der früheren Arbeit

„Eine weitere essenzielle Frage lautet, welche Aspekte den eigenen Beruf und die frühere Arbeit besonders spannend machen und wodurch sie sich im privaten Bereich ersetzen lassen“, rät der Mediziner. Liegt jemandem etwa viel an seiner Führungsverantwortung, lässt sich diese möglicherweise in Form eines Amtes in einem Verein weiter ausüben. Wer über einen großen Erfahrungsschatz verfügt, könnte auch in Erwägung ziehen, sein Wissen als Dozent an die nächste Generation weiterzugeben. „Andere auszubilden ist nicht nur eine sinnvolle Tätigkeit, sondern sorgt auch für neue Kontakte. Worauf auch immer die Entscheidung letztlich fällt, jedes Hobby und jede Beschäftigung gibt dem Alltag ein Stück Struktur und Sicherheit. Bezieht es andere Menschen ein, umso besser. Auf diese Weise haben Einsamkeit und Langeweile keine Chance“, so Häfner.

Unterstützung durch Partner, Familie und Freunde

Die Rolle des engsten Umfeldes beim Übergang in den Ruhestand sei nicht zu unterschätzen. Ein solcher Einschnitt kann vor allem die Beziehung zwischen Lebensgefährten belasten, wenn die gemeinsame Lebensführung plötzlich grundlegend anders verläuft. „Partner unterstützen sich daher gegenseitig am besten, indem sie Verständnis aufbringen und dabei helfen, eine neue Alltagsstruktur aufzubauen. Dafür ist eine offene Kommunikation unabdingbar“, rät Dr. med. Steffen Häfner. Im Idealfall findet ein Paar ein gemeinsames neues Hobby, mit dem es den Ruhestand zusammen genießt. „Freunde und Familie sollten ebenfalls ein offenes Ohr für Betroffene haben. Zudem erleichtern auch gemeinsame Unternehmungen die schwierige Übergangszeit.“

Therapie befreit aus emotionalem Loch

Wer bereits am Empty-Desk-Syndrom leidet und nicht mehr aus dem emotionalen Loch herausfindet, nimmt nach Meinung von Dr. Häfner am besten professionelle Hilfe in Anspruch. Heutzutage bietet die moderne Medizin wirksame Behandlungskonzepte wie zum Beispiel die kognitive Verhaltenstherapie an. „Patienten lernen dabei, ihre negativen Gedanken zu stoppen und ihre Verhaltensweisen anzupassen. Findet dies in Gruppentherapie statt, ergibt sich nebenbei die Möglichkeit, Gleichgesinnte kennenzulernen und sich auszutauschen“, fügt er hinzu.

Zeit zur Selbstreflexion

Entdecken Sie, wie bereit Sie für den Ruhestand sind. Ein paar einfache Fragen führen Sie zu persönlichen Einsichten und Ideen für eine erfüllte Ruhestandszeit. Nehmen Sie sich gerne einen Moment Zeit für sich – es geht um Ihre Zukunft!

Klaus Morgenstern

Klaus Morgenstern kennt als Journalist die Werkzeuge der Recherche: fragen, in Frage stellen, nachbohren, nachrechnen. Über viele Jahre stellte er diese Werkzeuge in den Dienst der Finanzfachpresse. Seit 2012 recherchiert er im Auftrag des DIA und sucht gemeinsam mit Experten der Altersvorsorgebranche und Wissenschaftlern nach neuen Lösungen für die Altersvorsorge.

Noch mehr über den Autor